La joie de l’espace

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21.10.

Nach Aubusson sehen wir die Ermunterung für die nächsten Wochen: La joie de l‘espace von Ethel Adnan. 

Aus den Höhlen von Lascaux und später von Altamira in Spanien bleiben mir drei Gewissheiten. Vor 30.000 Jahren scheuten die Malerinnen keine Unbequemlichkeiten, kniend, halbliegend oder auf dem Rücken liegend malten und ritzten sie die Tiere in den Stein. Hauptsache ich habe eine Idee, dann kriege ich das schon irgendwie hin. Bewundert habe ich, wie die Bewegung der Wände und der Decken mit in die Malereien einbezogen wurden. Dann haben sie modern/archaisch mit den Händen gemalt und mit Steinen in den Fels graviert.


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Mein Projekt soll mich malend auch in Kontakt zu Menschen bringen, bisher waren wir mehr in Gesellschaft von Farnen und Bäumen, gerade fahren wir an hohen Pappeln vorbei, die nur noch oben Blätter haben, die sich zu bewegten Flächen hoch über unseren Köpfen formen.  


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Gerade denke ich so, als ein Rad des Anhängers schlapp macht. Während ich den Reifen flicke, fährt ein Mann auf dem Velo vorbei und bietet seine Hilfe an. Wir kommen ins Gespräch und schon sind wir eingeladen, zu Dusche, Abendessen und zum Gespräch. Mitten hinein in die Familie kommen wir. Einfach so erfahren wir ihre Gastfreundschaft und ihre Freude an uns und die Neugierde an Neuem. Wir bekommen eine wunderbare Wegbeschreibung, die uns 70 km ruhig durch die Gegen fahren lässt.


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Nach dem Zelttrocknen am Mittag werden wir zum Kaffee eingeladen und lernen eine Halloween Prinzessin kennen, die in Wirklichkeit ein Vampir ist.

24.10.

Ein Ahornblatt fällt auf die Erde. Ein kurzes Rascheln ist zu Hören. Weiter hinten fallen Blätter auf die Flussoberfläche, ich höre nichts. Ein Hund oder eine Fledermaus würden etwas hören.


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27.10.

Wir kommen in der Dämmerung nach Aiguillon, gerade ist auf der Dorfstrasse ein Unfall passiert und die Stimmung ist schlecht. Wir suchen nach dem ausgeschilderten Zeltplatz. Der Zeltplatz ist mit Autos vollgestellt und wir tippen auf Fahrende. Es kommt eine Frau mit Handy. Auf unser Fragen sagt sie, sie müsse mit dem Bürgermeister sprechen. Sie spricht mit jemandem am Telefon, gibt Befehle und Anweisungen und sagt schliesslich, dass wir bleiben können. Die Frau ist so jemand, deren Anweisungen gelten, das ist sofort klar. Wenn sie ja sagt, sind wir save in der Autoburg. Es wird eine nasse Nacht und wir müssen schauen, dass die Erde draussen bleibt und wir nicht verschlammen. 

28.10.

Wir zelten im Wald und nach der letzten Regen-Erdnacht bei den Fahrenden, scheint uns der Wald wunderbar trocken, nachts ist es hell erleuchtet, Streifenschatten überall, weil der MOND hell und hoch über uns steht. Die helle Nacht und Käuzchen und Eulen sehr nah, das ist ein Rufen und Gurren und Girren, dass es eine Freude ist, hei was redet ihr? Dann am Morgen, ist ein Flattern und Wispern in den Bäumen, welches von einem Schwarm Stare oder Tauben verursacht wird. Hin und Her und Herum wird geflogen, Abflug und Landung, wir sehen das nicht, hören nur die raschelnde Teilnahme der Blätter.


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29.10. Mont-de-Marsan

Wir sitzen in einem Café und hinter mir höre ich, wie sie sich bon confinement wünschen, schönen lockdown, sie wünschen sich schöne Lesezeit. Ich frage nach und erfahre, dass Frankreich den lockdown beschliesst. Ab Mitternacht gilt der für die Leute von hier. Alles schliesst und der super freundliche Kellner hilft uns bei der Pensionssuche. Ausländerinnen haben 3 Tage Zeit das Land zu verlassen. Eigentlich möchten wir über die Pyrenäen nach Spanien fahren. Dafür brauchen wir aber drei Tage. Am nächsten Morgen nehmen wir den Zug nach Bayonne. Eine gute Entscheidung.

30.10. Bayonne/Biarritz/Irun

Wir fahren jetzt zu dritt. Ein junger Belgier begleitet uns sechs Tage. Die Luft ist weiss voller Dunst vom Meer, darüber ein stahlblauer Himmel. Nach den französischen umbra und hellroten Wäldern fahren wir plötzlich im Licht.




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Von Irun weiter an der Küste und hin und wieder wird alles sehr steil. In Aubusson haben wir schon ein Päckchen mit 5 kg nach Hause geschickt, aber das Gepäck hält mich auch so noch schön zurück. Auf dem Pass zittern mir die Knie, erstmal was essen und dann den Bauern fragen, der in der Nähe mit dem Traktor fährt. Das übernimmt Ursula mit ihrem fliessenden Spanisch. Der Bauer freut sich, grüsst und ruft, natürlich und wir sollten das Land geniessen, das sei schliesslich für alle da. Im starken Wind bauen wir die Zelte auf und während der Nacht klopft das Innenzelt unsere Schlafsäcke.


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Las manos abiertas

Am nächsten Tag kommt uns einer der vielen Rennvelofahrer entgegen, alle grüssen, dieser aber nicht. Er bleibt schnell stehen und warnt uns vor der Polizei, die um die nächste Kurve stehe und die Ausfahrt kontrolliere. Diese Gemeinde, in der wir uns gerade befinden, steht im lockdown. Der Fahrer ist ganz ausser sich, ihn wollten sie gleich mitnehmen. Wir schauen uns an, sollen wir umkehren und ein Bier im Dorf nehmen, die Durchfahrt später versuchen? Am Abend seien sie nicht mehr da, meint er. Wir fahren in das Dorf. Mulmiges Gefühl, was uns die Blicke der maskierten Menschen als misstrauisch deuten lässt. Wenn wir Pech haben, bleiben wir in diesem Dorf für zwei Wochen hängen. Auf baskisch wird mir eine Unterkunft angeboten. Wir beraten uns in einem Häusertrichter. Mittlerweile wird es dunkel. Einen Zeltplatz müssen wir jetzt sowieso suchen, also fahren wir nicht weiter und nehmen einen Weg in eine Siedlung in den Bergen. Eine Frau kommt uns entgegen und fragt uns, wo wir herkommen. Als wir sagen, dass wir aus der Schweiz kommen, hellt sich ihr Blick auf. Sie spricht Deutsch und hat einige Zeit in Basel gearbeitet. Sofort hilft sie uns bei der Zeltplatzsuche. Wir landen bei einem Bauern, der uns ohne weiteres einen Platz  neben seinem Gewächshaus zeigt. Ob wir etwas für das Abendessen wollen, fragt er uns. Wir bekommen zwei Salate und 11 Tomaten geschenkt. (Alles Bio!) Offene Hände muss der Mensch haben, sagt er.


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4.11. Islares, spanische Atlantikküste

Achim Schroeteler