Sisyphonie für Laub und Bläser

Interaktive Installation
René Habermacher und Achim Schroeteler

1 Laubbläser
200 Portionen Laub und Ahornsamen
Publikum

Der Laubbläser ist ein martialisches Gerät, das mit Getöse das Laub von seinem Platz wegreisst. Das Gerät lesen wir als Bild für Bequemlichkeit, für Effizienz und für die Unbekümmertheit gegenüber einer flächendeckenden Belärmung. Wer es nutzt, pfeift auf die Nachbarschaft feinerer Ohren. Möglicherweise ist das Gerät auch eine Parabel auf den kapitalistischen Sinn, der die Mittel, welche zum Erfolg führen, auf wessen Kosten auch immer, heiligt.  Zusammenfassend lassen sich aus der Existenz des Laubbläsers zwei Kategorien des Seins ableiten:

a) Bequemlichkeit = 1. Kategorie des Seins
b) Entschiedenes Wegführen von Fremdem = 2. Kategorie des Seins

Die dem Gerät zu Grunde liegenden Gedanken ad absurdum zu führen ist Sinn und Zweck der Installation Sisyphonie für Laub und Bläser.

Raum
Der Raum der Galerie Hochformat ist ein besonderer Raum. Über der Bodenfläche, welche höchstens einem Sofa Platz bieten könnte, erhebt sich ein zehn Meter hoher Luftraum. Wir kommen in den Raum und der Kopf wird sofort nach oben zum weit entfernten Dachfenster gebogen. Diese Besonderheit deutet darauf hin, dass der Raum nicht unbedingt für Menschen gemacht zu sein scheint, besser diente er als Platz für meterhohe Kakteen oder als Volière. Wir befinden uns in einem Raum, welcher uns als Prototyp eines absurden Raums erscheint. Seine Beschaffenheit führte uns zur Idee eine widersinnige Aktion in Szene zu setzen.

Aktion
Der Laubbläser ist an einer Wand befestigt. Sein Rohr wurde auf acht Meter verlängert. Obwohl er an die Wand gebunden, ist seine Blaskraft ungebändigt. Seine sonst horizontale Blasrichtung ist nun vertikal. Diese Aufhängung enthebt den Bläser seiner Funktion. Er würde zu einem Luftbläser mutieren, wenn die Aktion nicht das Einfüllen von Laub in das Blasrohr vorgesehen hätte. Die Zuschauer*in leeren in kleinen Portionen Laub und Ahornsamen aus Plastikbechern in das Rohr des Bläsers. Durch Druck auf einen orangen Button wird die Höllenmaschine angeworfen. Bis unter das Dachfenster schleudern sich die feinen Portionen. Der Lärm erstirbt automatisch nach drei Sekunden und in die sich nun ausbreitende Stille sinken Blätter und Ahornsamen. Nach Sekunden ihres tänzerischen Reigens bedecken sie den Boden und den Laubbläser. Ist die Stille vollkommen, ist das Ankommen der Blätter und Samen auf dem Boden zu hören. Die Maschine arbeitet nun in einem Modus für den sie nicht konzipiert wurde. Statt ein Treiber und Jäger einer aufgehetzten Blättermeute zu sein, mutiert sie zum visuellen Bewusstmacher der Raumhöhe, der Schwerkraft und der Anmut fallender Blätter. Ob der Bläser will oder nicht, sofern es das Publikum wünscht, wird er das Hochblasen immer wiederholen. Die zirkulare Struktur der Aktion führt dazu, dass sich der Laubbläser von Aktion zu Aktion immer mehr zudeckt. Er bläst sich seine eigene Verdeckung und gerät in Zukunft ausser Sicht. Seine Existenzberechtigung transformiert sich von einem Putzgerät in eine, eine taumelnde Sinkwelt schaffende, Poetin.